Internet

Die extremen Rechten nutzen von Beginn an moderne Internettechnik, die sich seit den 1980er Jahren kontinuierlich weiterentwickelt hat. Dabei profitieren sie von den Möglichkeiten der einfachen und kostengünstigen Erstellung eigener Plattformen, auf denen für Veranstaltungen, eigene Propaganda und den Verkauf von Merchandising-Artikeln geworben wird. Um juristischen Konsequenzen, beispielsweise bei indizierter Musik oder in Deutschland verbotenen Inhalten zu entgehen, stehen die genutzten Server meist im Ausland.

Für die Verbreitung der eigenen Propaganda und die mediale Vernetzung zieht auch die extreme Rechte Nutzen aus den besonderen Eigenschaften der Internetkommunikation, wie etwa der freien Zugänglichkeit, der Schnelligkeit von Nachrichten, der globalen Verknüpfung sowie der Anonymität. Nie zuvor war es so einfach, die eigenen Inhalte so schnell einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Neben den eigenen Websites und Blogs bieten vor allem soziale Medien die ideale Plattform, um die eigenen Inhalte zu verbreiten. Gerade für Jugendliche sind Soziale Online-Netzwerke ein elementarer Bestandteil ihrer Lebenswelt und darüber hinaus Orte der Sozialisation sowie der eigenen Identitätsbildung.

Daher hat auch die extreme Rechte das Rekrutierungs- und Mobilisierungspotenzial für sich erkannt. Mit Hilfe von Memes, Aktionsvideos und weiteren multimedialen jugendkulturellen Angeboten versuchen sie Jugendliche für ihre "rechte Erlebniswelt" zu gewinnen, bei der Gemeinschaftsangebote mit rechter Ideologie verknüpft werden. Ein Beispiel dafür ist die Identitäre Bewegung, die ihre Aktionsformen und Kampagnen auf YouTube und anderen Plattformen multimedial aufbereitet, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen und eigenen Inhalte zu streuen.

Die extreme Rechte nutzt offline wie online verschiedene Strategien. Zum einen setzen sie mit Hilfe ausgeklügelter und häufig nicht auf den ersten Blick als extrem rechts erkennbarer Kampagnen an verschiedenen populären Themen der Gesellschaft an, um darüber ihr rassistisches und demokratiefeindliches Gedankengut an eine breitere Zielgruppe zu streuen. Mit Hilfe solcher Tarnkampagnen, beispielsweise in den Bereichen Umwelt- und Tierschutz, versuchen sie Aufmerksamkeit zu generieren und Sympathie zu gewinnen. Das Engagement in diesen Bereichen ist allerdings nicht nur reine Taktik. Dahinter steckt – im Sinne einer "Blut- und Bodenideologie" – auch die Überzeugung, dass ein "gesundes Volk auch einen gesunden Boden" braucht.

Ein anderes bundesweites Beispiel für diese Strategie sind die vermeintlich unprofessionell gestalteten "Nein zum Heim"-Webseiten, die wirken, als hätten sie "empörte" Anwohner*innen in der Umgebung von (geplanten) Unterkünften für Geflüchtete erstellt. Tatsächlich stecken hinter vielen dieser Seiten Personen aus der organisierten extremen Rechten, die versuchen, die Stimmung vor Ort aufzuheizen, den Diskurs nach rechts zu verschieben und den vernetzten Hass schließlich aufdie Straße zu tragen.

Insgesamt lässt sich auf den gängigen Social-Media-Plattformen sowie in Kommentarspalten eine Radikalisierung und Verrohung der Sprache erkennen. Dabei beschränkt sich diese nicht nur auf extrem rechte Seiten. Gerade beim Thema "Flucht und Asyl" werden menschenverachtende Aussagen auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus in Kommentarspalten oder verschiedenen Diskussionsforen getätigt. Gezielt gestreute Falschmeldungen, die sich im Internet schnell verbreiten, stacheln die Stimmung gegenüber Geflüchteten sowie Menschen (vermeintlich) muslimischen oder jüdischen Glaubens weiter an.

Studien belegen, dass diese hetzerische Stimmung nicht von der Mehrheit im Netz getragen wird. Eine aktuelle Erhebung hat exemplarisch für Januar 2018 ergeben, dass nur 5 Prozent der Accounts bei Facebook für 50 Prozent der Likes zu Hass-Kommentaren verantwortlich waren. Diese lautstarke Minderheit, häufig auch Trolle genannt (also User*innen, die fortwährend versuchen, die Kommunikation auf Online-Plattformen zu torpedieren), profitiert dabei von den Besonderheiten der Social-Media-Plattformen, die durch die Algorithmen eine höhere Reichweite bekommen als sachliche Diskussionen. Man kann hier daher auch von einer "sich selbst verstärkenden Polarisierung" sprechen.

Diese meist koordinierten Aktionen werden nicht nur dazu genutzt, sich die Deutungshoheit über politische Diskurse zu sichern, sondern auch, um einzelne Personen oder Personengruppen zu bedrohen.

Kommentare, die menschenverachtende Aussagen oder strafrechtlich relevante Inhalte wie Volksverhetzung enthalten, können zum einen bei der entsprechenden Plattform gemeldet werden. Darüber kann Anzeige erstattet werden. Dafür existieren niedrigschwellige Meldeplattformen, einige davon nennen wir im Infokasten rechts.

Wichtig ist auch, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten in Debatten einzugreifen, um den menschenverachtenden Aussagen zu widersprechen und diese nicht unkommentiert stehen zu lassen. Dabei liegt der Fokus weniger auf den User*innen, die hetzerische Inhalte posten, als auf den vielen Mitlesenden. Gerade für selbst von Bedrohung Betroffene ist es wichtig, dass sie das Gefühl haben, nicht isoliert zu sein. Daher ist auch der Schutz sowie die Stärkung von Betroffenen wichtiger Bestandteil, um einem sogenannten stillschweigenden Prozess aktiv entgegenzuwirken. Dies würde sonst dazu führen, dass diese sich mittel- und langfristig aus dem öffentlichen Diskurs zurückziehen und ihre Perspektiven unsichtbar wären. Kampagnen wie #ichbinhier tragen in diesem Bereich dazu bei, dass die Formen von Gegenrede und Positionierung nicht allein ausgetragen werden, sondern gegenseitige Unterstützung erfahren.

Zusatzinfo

In einer Studie des Munich Digital Institute von 2016 wurde erhoben, dass mittlerweile eine Mehrheit von 68% der Nutzer*innen Social Media-Plattformen als Informationsquelle zum aktuellen politischen Geschehen nutzt. Weitere 57% informieren sich zusätzlich über andere Nutzer*innen im eigenen Netzwerk zu aktuellen politischen Themen (vgl. Munich Digital Institute (2016): Nutzen Sie Facebook als Informationsquelle für aktuelle politische Themen? In: www.munich-digital.com/intelligence/facebook-politik-stimmung).